Dienstag, 19. November 2013

Raumkomfort

Raumkomfort als Grundlage energetischer Planung

Die elementarste Funktion von Gebäuden ist es, seine Nutzer und deren Güter vor schädlichen Umwelt- und Witterungseinflüssen zu schützen. Ziel ist es, ein für den Menschen behagliches Umfeld zu schaffen, das der jeweiligen Nutzung angepasst ist. Störungen des Wohlbefindens sollen verhindert werden, um den Komfort des Nutzers zu gewährleisten.
Der Begriff „Komfort“ bedeutet hierbei nicht „Luxus“, wie seine begriffliche Konnotation im deutschen Sprachraum nahelegen mag, sondern die zum Wohlbefinden notwendige Qualität also gewissermaßen der Mindeststandard.

Raumkomfort ist subjektiv

Komfort ist eine subjektive Größe, die von jeder Person individuell je nach Bekleidung, Tätigkeit, Tagesform, Alter, etc. unterschiedlich beurteilt wird. Dennoch kann das Komfortempfinden durch eine Reihe objektiver Kenngrößen wie beispielsweise Lufttemperatur, Strahlungstemperatur, Luftfeuchte, Strömungsverhältnisse, Luftqualität, Geräuschbelastung und Lichtverhältnisse bewertet werden.
Die Vielzahl der Parameter macht die Festlegung von Komfortgrenzen zu einer anspruchsvollen Herausforderung. Professor Ole Fanger hat beispielsweise für den thermischen Komfort die Größen PMV und PPD eingeführt. PMV, Predicted Mean Vote, beschreibt das „voraussichtliche mittlere Urteil“ einer Gruppe von Menschen, ob sie die Raumtemperatur beispielsweise als zu warm, zu kalt oder neutral empfindet. Man beachte, dass das beste Urteil „neutral“ eigentlich keine bewusste Wahrnehmung beschreibt, sondern lediglich die Abwesenheit einer Störung. Die direkt mit PMV korrelierende Größe PPD, Predicted Percentage Dissatisfied, gibt den „voraussichtlichen Anteil Unzufriedener“ mit der thermischen Raumklimasituation an.
Wir erleben gutes Raumklima respektive guten Komfort meist nicht als eine bewusst wahrgenommene Situation. Vielmehr ist unser Wohlbefinden dann optimal, wenn Störungen ausbleiben, wenn uns nicht zu warm oder zu kalt ist, wenn wir nicht geblendet werden etc.

Die Physiologie des Menschen bestimmt den Raumkomfort

Die Grenzen für das Raumklima setzen die Physiologie des Menschen, seine biochemischen und physikalischen Funktionen und den Bedürfnissen und der Notwendigkeit der Wahrnehmung der Umwelt und der menschlichen Informationsverarbeitung.
Der Mensch gehört wie alle Säugetiere zu den homoiothermen Lebewesen. Er kann bzw. muss seine Körpertemperatur auf einem konstanten Niveau halten und in engen Grenzen regulieren. Er ist durch diese seine Fähigkeit zur Temperaturregulation in gewissen Grenzen von der Außentemperatur unabhängig. Umgebungstemperaturen, die außerhalb des menschlichen  Wohlfühlbereichs liegen, gleicht der Mensch unbewusst durch Körper eigene Reaktionen, wie der Änderung der Hautdurchblutung, dem Schwitzen, bei zu großer Hitze oder Muskelzittern bei Kälte aus. Oder es erfolgen bewusste Reaktionen, wie Anpassen der Bekleidung oder Einschalten der Heizung oder Kühlung.
Neben dem thermischen Komfort hat der Mensch das Bedürfnis nach einer schadstofffreien Umgebung und Atemluft. Die Immission von flüchtigen organischen Stoffen und störenden Gerüchen soll deshalb so weit als möglich reduziert werden. Ebenso ist das Augenmerk auf die mikrobiologische Situation zu richten.
Der akustische und der visuelle Komfort zielen zum einen darauf ab, Beeinträchtigungen der Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu verringern und zum anderen eine bestmögliche menschliche Informationsverarbeitung und Wahrnehmung zu gewährleisten.

Eingriffsmöglichkeiten des Nutzers

Das subjektive Komfort-Empfinden wird auch davon bestimmt, wie und ob der Nutzer Eingriffsmöglichkeiten hat und seine persönliche Situation anpassen kann. Wenn er beispielsweise die Beleuchtung, die Belüftung oder die Temperatur ändern kann, wenn er die Möglichkeit hat Lärm zu reduzieren oder auszuschließen, dann steigert dies sein Komfort-Empfinden und somit seine Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit. Sehr positiv sind zum Beispiel öffenbare Fenster, Arbeitsplatzleuchten und individuelle Sonnen- und Blendschutzvorrichtungen.